WRT-Nachfahrt von Neuss nach Amsterdam
Im Anschluss an das 57. Wanderrudertreffen in Neuss startete eine Gruppe um Fahrtenleiter Christoph Ehrle (KCfW) in drei Vierern zu einer Nachfahrt auf dem Niederrhein mit dem Ziel Amsterdam. Mit dabei waren auch die üblichen Verdächtigen aus Rathenow und Saarbrücken.
Unmittelbar nach Ende des Festakts wollten sich am Sonntag so viele Ruderinnen und Ruderer auf den Weg machen, dass es bereits vor dem Ablegen zu einem Stau am kleinen Steg des Neusser RV kam. Als unsere Boote endlich schwammen, konnten wir bei herrlichstem Wetter zur ersten (Halb-)Tagesetappe nach Duisburg-Homberg aufbrechen. In den Booten herrschte nach dem schönen Wochenende in Neuss eine ausgelassene Stimmung und die nun folgenden Etappen konnten wir entspannt zurücklegen. Links und rechts des Rheins sollten uns in den nächsten Tagen, neben einem abwechslungsreichen Ufer, der Industriecharme des Niederrheins begleiten.
Mit starkem Wellengang, reichlich Schifffahrt, einem havarierten Segelboot namens “Heinz” und einem Anlegemanöver im “Nichts” erreichten wir am zweiten Tag unserer Nachfahrt das Örtchen Rees. Hier blieb nachmittags etwas Zeit für ein Landprogramm, sodass die wunderschöne Altstadt, in der die Ausstellung ”Alltagsmenschen” stattfand, erkundet werden konnte. Mit einem malerischen Ausblick über den Rhein ließen wir den Abend im Kanuverein Rees gemütlich ausklingen. Die Getränkeauswahl sowie diverse Gesellschaftsspiele sorgten dabei für eine kurzweilige Abendgestaltung.
Auf der nächsten Etappe konnte die erste niederländische Luft geschnuppert werden. Die Landesgrenze verläuft dort genau in der Mitte des Fahrwassers und die nationale Zugehörigkeit des jeweiligen Ufers ist gut an der Gestaltung der Lateralzeichen zu erkennen. Durch die ständig begegnende Schifffahrt waren unsere Steuerleute an diesem Tag besonders gefordert, wobei - je nach Erfahrung - mal mehr oder weniger Wasser ins Boot schlug, bevor wir endlich auf den ruhigen Altrheinarm nach Kleve einbiegen konnten. Im Bootshaus des Clever RC angekommen, gab es für jeden eine ausgiebige Kuchenpause. Anschließend fand für einen Teil der Mitreisenden noch eine kleine Ausfahrt auf der Hausstrecke der Klever Ruderer, dem Spoykanal, statt. Dieser war mit dem Altrheinarm über die, inzwischen stillgelegte, Schleuse Brienen verbunden und wurde zum Abfahren von Getreide sowie zum Transport von Ölen zur Margarinefabrik im Hafen genutzt. Abends stand eine Stadtführung auf dem Programm, die Mona als ortsansässige Ruderin für uns organisiert hatte. Hier erfuhren wir viele interessante Fakten zur Stadt und zur Umgebung, wie dem Klever Schlossberg, dem Marstall, dem Marktplatz an den Linden sowie der längsten Hängebrücke Deutschlands, die wir vormittags bereits auf dem Rhein bei Emmerich passiert hatten.
Am vorerst letzten Sonnentag der Woche ging es dann endlich über Rhein, Pannerdensch Kanaal und Nederrijn zum ersten Etappenziel in die Niederlande. Dem Empfang zur Mittagspause in Arnheim durch die dortigen Ruderer mangelte es nicht an Herzlichkeit. Bei Kaffee, Kuchen und einem tollen Blick über die Rheinauen war trotz starkem Wind die Pause ein angenehmes Erlebnis. Mit der Ankunft am Tagesziel in Wageningen wurde die schlechte Nachricht für den nächsten Tag überbracht: Die anstehende Etappe sollte mit etwa 45 Kilometern, einer Schleuse und drei Umtragestellen sehr ambitioniert werden. Es ging also zeitig ins Bett, um diese anstrengende Etappe ausgeruht angehen zu können. Die Alarmanlage des Rudervereins hatte jedoch andere Pläne.
Die Nacht bot wenig Erholung, denn der unbezwingbare Alarm, welcher die ganze Nacht immer wieder losging, sorgte für einen Haufen unausgeschlafene Ruderer. Dazu brachte ein Blick auf die Wetterprognose auch keine Aufheiterung. Bei viel flüssigem Sonnenschein ging es durch eine Schleuse zur ersten Umtragestelle in Wijk bei Duurstede. Heute sollten wir Abenteuer gebucht haben. Die Boote mussten im Hafen über einen halbhohen Yachtsteg, der zusätzlich vom Regen sehr rutschig war, aus dem Wasser genommen werden. Danach haben wir sie über knapp 600 Meter zur Einsatzstelle am Kromme Rijn geschleppt. Bei drei Booten kommt man da auch auf seine Kilometer. Um an der offiziellen Umtragestelle (für Kanus!?) überhaupt Ruderboote einsetzen zu können, musste kurzerhand ein Poller entfernt und die Boote über eine Bank ins Wasser gehoben werden.
Dieses mehrstündige Erlebnis war gleichzeitig die Mittagspause, da nicht viel Zeit verloren gehen durfte, um diese ambitionierte Etappe überhaupt schaffen zu können. Es sollten ja schließlich noch zwei Umtragen folgen. Bei diesen handelte es sich um stillgelegte Schleusen an den noch vorhandenen Staustufen. Der knappe Platz und die Strömung sorgten dafür, dass immer nur ein Boot gleichzeitig anlegen konnte. So wurden auch diese Umtragen zu einem kleinen Kraftakt. Mit großer Freude, dass alle Hindernisse des Tages nun überwunden waren, ging es weiter flussabwärts, zumindest bis das erste Boot hielt und der Meinung war, dass es dort nicht weitergehe. Das Schild und die Absperrung erweckten zumindest diesen Eindruck. Das stimmte zum Glück nicht. Die Rijkswaterstaat, vergleichbar mit unserem WSA, hat an den Vortagen scheinbar die Böschung gemäht und errichtete dafür einen Auffang, sodass dort nun eine zusätzliche Umtragestelle vor uns lag. Als wir auch diese gemeistert hatten, hieß es von der Fahrtenleitung nur noch etwa fünf Kilometer bis zum Ziel. Die Stimmung war gut, schienen doch am Ende dieses regnerischen Tages eine heiße Dusche und trockene Sachen in Sicht zu sein. Diese fünf Kilometer entpuppten sich jedoch eher als 15 Kilometer – glücklicherweise ohne weitere Umtragen. Wir erreichten Utrecht erst in der Dämmerung. Dort war es dann gar nicht so leicht, einen Platz am Steg zu ergattern, da bei den drei direkt nebeneinander liegenden Rudervereinen Hochbetrieb herrschte. Nach der lang ersehnten heißen Dusche und der Pizza zum Abendessen ging es, nach dieser kräftezehrenden Etappe, für die meisten direkt ins Bett.
Am nächsten Morgen, bei hervorragenden Bedingungen, ruderten wir durch die Grachtenstadt Utrecht in Richtung Schleuse. Hier waren wir schon auf eine längere Wartezeit eingestellt. So blieb sehr viel Zeit zum Fotos und Pause machen. Nach knapp zwei Stunden durften wir in die Schleuse einfahren, die von zwei Schleusenwärtern noch von Hand betrieben wurde. Hinter der Schleuse fischte ein Boot eine Flaschenpost aus dem Wasser. Eine malerische Kulisse, mit viel flachem Land, unterhalb des Wasserspiegels, großen Wiesen, Obstplantagen, Schafen und natürlich Windmühlen, machte diese Etappe zu einer Augenweide. Immer wieder forderten besonders flache Brücken von den Steuerleuten höchste Konzentration und von den Mannschaften eine gute Reaktion, wenn es um das rechtzeitige Hinlegen im Boot ging. Abgesehen von einem Boot kamen an diesem Tag alle Mannschaften entspannt in Amsterdam an. Lediglich das vorausfahrende Boot des Fahrtenleiters verpasste an einer Stelle die Abzweigung und wurde auf seinem Irrweg erst gestoppt, als eine Brücke viel zu niedrig war, um sie mit dem Ruderboot passieren zu können. Versucht haben es die Ruderer trotzdem. Durch den kleinen Abstecher von knapp acht Kilometern erreichten sie Amsterdam mit etwas Verspätung und einer leicht demolierten Bugabdeckung. Einige Ruderkameraden ließen es sich nicht nehmen, bereits an diesem Abend die Innenstadt unsicher zu machen und schon mal die ein oder andere Kneipe zu testen.
Da ein Blick aus dem Fenster und auf das Regenradar für den letzten Tag nichts Gutes verhießen, entschied die Fahrtenleitung, die geplante Grachtenfahrt witterungsbedingt ausfallen zu lassen. Eine gute Entscheidung, wie sich später bestätigte. Die Boote wurden daher gleich morgens abgeriggert und verladen, bevor es in Kleingruppen in das Stadtzentrum von Amsterdam ging. Aus dem ursprünglich geplanten halben war nun ein ganzer Kulturtag geworden. Es blieb also viel Zeit, sodass jeder sein individuelles Kulturbedürfnis bedienen konnte. Eine kleine Gruppe machte sogar doch noch eine Grachtenfahrt, allerdings mit einem Ausflugsboot und fand die Bedingungen zum Rudern tatsächlich nicht sonderlich attraktiv. Viele Ausflugsboote und vor allem die zahlreichen Leihboote mit ihren unbeholfenen Schiffsführern machen eine Grachtenfahrt mit dem Ruderboot nicht nur abenteuerlich, sondern leider auch gefährlich.
Ein Punkt, den scheinbar jeder auf seiner Kultur-Liste hatte, war die ausgiebige Verkostung von Bier und Geneva. Egal auf welche Kleingruppen man in Amsterdam traf, meist saßen sie in einer Kneipe. Den letzten Abend ließen alle Ruderinnen und Ruderer unserer Reisegruppe daher bei Speis und Trank ausklingen – absolut standesgemäß für den Rudersport und ein toller Abschluss dieser einwöchigen Nachfahrt von Neuss nach Amsterdam!