Sommerwanderfahrt 2023: Mit acht Leuten und zwei Booten von Rathenow nach Hamburg
Es war wieder soweit, eine Sommerwanderfahrt mit viel Neuwasser stand uns bevor: Vom 12. bis 20. August 2023 ruderten wir von Rathenow nach Hamburg und erkundeten anschließend bei mehreren Ausfahrten noch die Hamburger Gewässer. Dieses Ereignis lockte neben Rathenower Ruderinnen und Ruderern (Verena, Anja, Stefan, Christian und Torsten) auch Sportsfreunde aus Saarbrücken (Christine und Heike) und Berlin (Debbi) ins Havelland. Mit insgesamt acht Personen besetzten wir einen Dreier und einen Zweier, jeweils mit Steuermann, sodass ein Landdienst das große Gepäck transportierte und wir mit nur kleinem Gepäck unsere geplanten Tagesetappen bestreiten konnten.
Alle auswärtigen Gäste reisten bereits am Freitag an und wir stimmten uns mit einem gemütlichen Abend im Bootshaus auf die anstehende Tour und die kommenden gemeinsamen Tage ein. Am Samstag trafen wir uns um 9.30 Uhr im Bootshaus, was durchaus ungewöhnlich spät ist. Aber uns stand eine wohlbekannte Strecke von 45 km bis nach Havelberg bevor. Das Packen des Busses für den Landdienst (den Auftakt machte Verena und am Nachmittag übernahm Stefan), das Fertigmachen der Boote und das Losen der Mannschaften fanden bei leichtem Nieselregen statt. Der Regen begleitete uns noch bis in den Tag hinein, fiel durch die angenehmen Temperaturen aber kaum ins Gewicht.
Wir legten mit guter Laune und voller Vorfreude ab, aber stellten noch vor Einfahrt in die Stadtschleuse in Rathenow fest, dass wir für den Dreier keinen Ersatzrollsitz eingepackt hatten. Der Dreier drehte daher kurzerhand und trotz grünem Signal für die Einfahrt in die Schleuse um, fuhr zurück zum Bootshaus und hatte damit gleich den ersten Zusatzkilometer auf der Uhr. Ausgestattet mit zwei übriggebliebenen Schnapsflaschen von Sigrids 80. Geburtstag haben wir bei ihr einen Stopp eingelegt, um auf sie und ihre Gesundheit anzustoßen. Auch wenn sie nicht zum Wasser runterkommen konnte, war ihr die Freude am Telefon anzuhören. Weiter ging es die Havel bergab bis zur Schleuse in Grütz, die wir nach kurzer Wartezeit hinter uns lassen konnten.
In der Gülper Havel hat dann die Sommersonne den Regen abgelöst. Dieser plötzliche Wetterwechsel hat prompt zu den ersten Sonnenbränden bei einigen Ruderinnen und Ruderern geführt, da durch den regnerischen Start auf Sonnencreme verzichtet wurde. Das Eincremen wurde dann während der Mittagspause in Gülpe schleunigst nachgeholt. Die am Nachmittag folgende Kahnschleuse lief diesmal nicht ganz so routiniert: Da an dem Dreier mit Steuermann noch die Ausleger als Vierer ohne Steuermann befestigt waren, passten beim besten Willen nicht beide Boote gleichzeitig in die kleine Schleusenkammer. Stefan hat als Schleusenwärter daher gleich zweimal einen hervorragenden Job gemacht.
Die restliche Etappe hat sich durch die hohen Temperaturen nun etwas gezogen. Trotzdem erreichten wir am späten Nachmittag, gut gelaunt die Ruderriege Havelberg. Hier erwartete uns Stefan und war bereits intensiv in Gespräche mit der Hauswirtin und die Vorbereitungen des Abendessens vertieft. Es sollte Schnitzel mit Bratkartoffeln geben. Aufgrund des einsetzenden Unwetters haben wir den Abend dann im Gemeinschaftsraum ausklingen lassen. Die vorgeblich gesundheitsfördernde Weisheit, man solle sich nur zu 80 % satt essen, haben wir geflissentlich ignoriert und diese Vorgehensweise auch für den Rest der Tour so beibehalten.
Der zweite Tag startete mit herrlichem Wetter und es stand uns mit 36 km eine recht entspannte Etappe von Havelberg nach Wittenberge bevor. Während Christian den Landdienst für den Vormittag übernahm, wartete auf uns gleich zu Beginn des Tages die Schleuse Havelberg, die uns auf die Elbe brachte. Durch die moderate Strömung der Elbe war die Mittagspause, bei der uns Christian an einer Buhne erwartete, schnell erreicht. Anschließend war auch der Weg bis Wittenberge nicht mehr weit, und wir erreichten unser Quartier beim MSC Neptun am Nachmittag. Debbi wartete schon auf uns. Sie hatte den Weg trotz der wiederholten und hartnäckigen Anweisung von Google, mit dem Auto durch den Hafen zu schwimmen, auf dem Landweg gefunden.
Durch unsere zeitige Ankunft in Wittenberge hatten wir Gelegenheit für einen Stadtbummel und um den ersten Eisladen auf dieser Tour anzusteuern. Der Fußweg mutete zwar länger an als die gesamte Ruderetappe des Tages, aber er hat sich gelohnt, denn wir wurden mit Rhabarbereis und anderen leckeren Sorten belohnt. Der Eisladen gehörte rückblickend zu den besten der ganzen Woche. Der anschließende Stadtbummel führte uns durch kleine Gassen und Straßen zur Strandbar Wittenberge, wo wir uns Cocktails und Bier schmecken ließen. Zurück in der Unterkunft erwartete uns ein weiterer Gast, der mit seinem selbstgebauten Solarboot gestrandet war. Der „Solar Pink Panther“ unterhielt uns mit einigen mehr oder weniger erfreulichen Aktionen, die uns auch den Rest der Tour immer wieder als Anekdoten dienen sollten und zum Lachen brachten. Als Abendessen wurden heute Spagetti Bolognese gereicht und wir verbrachten den Abend im Clubraum zwischen den Luma-Schlafstätten.
Im Laufe des dritten Tages (wobei die 40 km von Wittenberge nach Gorleben eigentlich überschaubar waren), fiel dann Anja plötzlich mit einem dicken Handgelenk aus. Sie steuerte noch bis zur Mittagspause in Schnackenburg und übernahm dann den Landdienst von Torsten. Der gab ihr erst mal einen Crashkurs im Autofahren, da das bei Anja schon mehr als 15 Jahre zurück lag. Von jetzt an fuhr Anja vormittags immer das Auto und brachte dabei Mensch, Auto und Gepäck gut an ihren Bestimmungsort und steuerte nachmittags den Dreier, damit sie wenigstens einmal am Tag auch im Boot sitzen konnte. Das ist echte Ruderkameradschaft. In Gorleben ließen wir die Boote kurzerhand im Sportboothafen im Wasser liegen. Für unsere Unterkunft hatten wir sehr gemütliche Holzfässer gebucht - die wahrscheinlich außergewöhnlichste Unterbringung während dieser Fahrt.
Auf der folgenden Etappe nach Neu Darchau legten wir entspannte 45 km in den Booten zurück. Den Landdienst teilten sich Anja und Heike. Die Mittagspause fand in Hitzacker statt. Auch hier wurde der örtliche Eisladen getestet. Für das Abendessen war noch nichts Konkretes geplant, aber ein kurzer Anruf beim Fährhaus sorgte dafür, dass wir auch nach eigentlichem Küchenschluss verköstigt wurden. Dafür hieß es aber vom Boot direkt zum Abendessen, so wie wir waren: ungeduscht und in Ruderklamotten. Das Essen war hervorragend und es hat wieder nicht geklappt, bei 80 % das Besteck beiseite zulegen.;-) Das Quartier haben wir im Schillers Landhaus bezogen. Auf der wunderschönen Terrasse ließen wir den Abend ausklingen.
Der fünfte Rudertag war die letzte Etappe vor Hamburg und führte uns zur Staustufe Geesthacht. Anja hat wie üblich den Vormittagslanddienst absolviert und beim Ruderclub von Lauenburg auf die Mittagspause gewartet. Die Wartezeit nutze sie, um einen lokalen Eisladen ausfindig zu machen. Gerüchte besagten, dass es dort auch Fischbrötcheneis gäbe… Nach der Pause, in der kurzerhand beim Verladen einiger Boote der Ruder-Gesellschaft Lauenburg geholfen wurde, setzten wir die Fahrt fort. Um Stefan beim Landdienst etwas Vorsprung zu geben, legten wir nachmittags noch eine kurze Badepause ein. Vorbei am Kraftwerk Krümmel und dem Vattenfall Pumpspeicherkraftwerk erreichten wir am späten Nachmittag das Bootshaus der Rudergruppe Geesthacht, wo wir unser Nachtlager aufschlugen. Dort bestaunten wir den traumhaften Sonnenuntergang, der die Schlechtwetterprognose für den nächsten Tag erstmal in weite Ferne rücken lies. Nachdem das Geschnetzelte mit Reis - mit und ohne Pilze - verzehrt war, wurde auch gleich eine Tagesration Stullen für den nächsten Tag vorbereitet, denn es war sehr frühes Aufstehen mit Frühstücken im Boot angekündigt, um mit dem ablaufenden Wasser nach Hamburg zu fahren.
Der nächste Tag begann also ungewöhnlich früh. Um 6 Uhr klingelte der Wecker und es ging ab zur Schleuse, um sich dort in den laufenden Betrieb der Berufsschifffahrt einzureihen. Und das alles bei strömendem Regen! Gemeinsam mit drei Schubschiffen konnten wird, etwa 90 Minuten nach unserer Ankunft an der Schleuse, diese endlich unterhalb verlassen. Dann hieß es den Turbo anschalten, um rechtzeitig in Hamburg anzukommen, bevor das Niedrigwasser das Erreichen des Bootshauses der WRG „Die Wikinger“ unmöglich machen würde. Ein kurzer Zwischenstopp für den Landdiensttausch im Hafen Oortkaten musste trotzdem sein. Gegen 11.30 Uhr - und immer noch bei Regen - erreichten wir nach 36 km gerade noch rechtzeitig den Steg des Rudervereins, wo wir von Ulrich Rothe schon mit heißem Kaffee und Tee erwartet wurden.
Anschließend fuhren wir mit dem Bus und Öffis zum ARV Hanseat, welcher und für das anstehende Hamburg-Wochenende als Quartier diente. Die Umkleiden und Duschen waren mit über 30°C geheizt nach dem Regentag sehr wohltuend, sowohl für Mensch als auch für die nassen Klamotten. Man konnte es fast als Wellness durchgehen lassen, und damit waren die Strapazen des Vormittags auch schnell wieder vergessen. Für ein schnelles Mittagessen wurde sich einstimmig für Döner entschieden. Aber alle waren sich auch einig, dass dieser weder mit Rathenower noch Berliner Dönern mithalten kann.
Der Rudertag war aber noch lange nicht beendet, nicht einmal zu 80 %. Es stand noch eine Nachtfahrt durch die HafenCity, vorbei an der Elbphilharmonie und durch die Speicherstadt,auf dem Programm. Fast ungestört mit nur einer Barkassen-Begegnung konnten wir Hamburg von der Wasserseite aus bei Nacht bewundern. Für uns (auch für diejenigen, die die Tour schon einmal vor etlichen Jahren gemacht haben) war das ein unvergessliches Erlebnis.
Am Freitag stand dann das nächste Highlight an: Die Boote wurden von der Norderelbe zu unserer Unterkunft an der Alster überführt. Anstatt des direkten Weges, haben wir allerdings noch einen Abstecher durch den Hamburger Hafen gemacht, um die Anlegeplätze für die Container- und die Kreuzfahrtschiffe sowie die Trockendocks im nördlichen Reiherstieg zu bestaunen.
Die Steuerleute Torsten und Anja hatten hier einiges zu tun, um den stattlichen Wellengang, die Schifffahrt und die Fotografierwünsche der eigenen Besatzungen unter einen Hut zu bekommen. Es folgten die Kreuzung der Norderelbe, vorbei an der Elbphilharmonie und ab auf den Alsterfleet, wo wir nach zwei Schleusen die Binnenalster erreichten. An der Rathausschleuse wartete Christine bereits auf uns zum Fotos machen. Das Bootshaus der Hanseaten erreichten wir im Laufe des Nachmittags. Dort gönnten wir uns, wie sollte es anders sein, ein Eis.
Planmäßig kam für das Wochenende weitere Verstärkung aus Rathenow an. Esko, Heinz, Philipp und Thomas wollten gemeinsam mit uns am Samstag die „Geile Meile“ absolvieren, den nächsten Höhepunkt und die letzte Ausfahrt der Sommerwanderfahrt. Begleitet wurden die Ruderer von Klaus und Ehefrau Ilona, die den Bootshänger mitgebrachten, sowie von Monika und Karin. Wir nutzten den verbleibenden Freitagabend, um Hamburg auch an Land unsicher zu machen. Dazu gehörten der Blick von der Aussichtsplattform der Elphi wie auch das Abendessen im Portugiesenviertel. Anschließend ging es noch zu Fuß über die Reeperbahn und zum Schellfischposten.
Für den letzten Tag der Sommerwanderfahrt stand nun die „Geile Meile“ an, die alle Teile der Alster inkl. Kanälen, Seen, Teichen, etc. einschließt, welche ohne zu Schleusen erreichbar sind. Heute brauchten die Bootsplätze nicht ausgelost werden, denn am letzten Rudertag gibt es traditionell Wunschboote. Schnell fanden sich es ein Frauenboot, ein Männerboot sowie ein Jugendboot. Die insgesamt 42 km führten uns vom Osterbekkanal, durch den Barmbeker Stichkanal, zum Stadtparksee und zum Rondeelteich (inkl. SUP-Yoga-Truppe) über verschiedenste andere kleine Kanäle zum Isebekkanal. Dort gab es eine kleine Anlegestelle und unweit einen Eisladen (eine hervorragende Empfehlung von Elisabeth).
An der Binnenalster trafen wir zufällig auf Klaus und Ilona, die gerade mit einer geführten Fahrradtour unterwegs waren. Die Fontäne der Binnenalster wurde anschließend mehrfach sehr eng umrundet und lieferte eine wohlverdiente Dusche, die für fröhliches Gelächter und Gekreische sorgte. Zurück über die Außenalster, mit einem Abstecher in den Eilbekkanal für die wasserseitige Hausbootbesichtigung und den Feenteich, erreichten wir wieder den Osterbekkanal und das Bootshaus des ARV Hanseat. Trotz des traumhaften Wetters, welches gefühlt alle Hamburger aufs Wasser zog, und deren meist unzureichenden Kenntnissen über die korrekte Bedienung der gewählten Fortbewegungsmittel und der Schifffahrtsregeln, kam es glücklicherweise zu keinen Kollisionen. Für alle war die Tagesfahrt ein tolles Erlebnis. Nach dem Putzen und Verladen der Boote wurden die Burger zum Abendessen, wie alle selbst gekochten Gerichte, gemeinschaftlich zubereitet und verspeist. Wie immer blieb nix übrig.
Der Sonntag war der Rückreisetag von Hamburg über Rathenow bis nach Berlin oder Saarbrücken. Bereits auf der Rückfahrt wurde in den Erlebnissen der Woche geschwelgt und die sicherlich baldigen Wiedersehenstreffen bieten Anlass, sich an diese tolle Fahrt in sehr netter Runde mit 80 % Glück beim Wetter und vielen tollen Erlebnissen zu erinnern. Wir danken Stefan, der wie immer viel Energie in die Organisation gesteckt und uns eine unvergessliche Sommerwanderfahrt beschert hat.